Wir machen Zukunft – Kinder und Jugendliche mischen mit!

Resolution des Deutschen Kinderschutzbundes

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Zukunft und deren Mitgestaltung! Beteiligungsrechte endlich umsetzen.
Wir leben auf Kosten der jungen Generation. Darauf machen uns seit Monaten Schüler*innen energisch und lautstark aufmerksam. Sie fordern jeden Freitag, dass wir unserer Verantwortung endlich gerecht werden und alles tun, um den Klimaschutz ernst zu nehmen. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Zukunft. Doch sie zweifeln daran, dass Politik, Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft diese Zukunft verantwortungsbewusst gestalten. Darum fordern die Schüler*innen ihre Rechte ein und nutzen dabei die gleichen demokratischen Mittel wie andere Gruppen auch. Sienehmen ihre Rechte auf Beteiligung (Artikel 12 UN-KRK) und freie Meinungsäußerung (Artikel 13 UN-KRK), auf Versammlungs-und Vereinigungsfreiheit (Artikel 15 UN-KRK) aktiv wahr. Für ihr Engagement werden die Schüler*innen von vielen gelobt, von anderen manchmal auf eine Weise kritisiert, die ein seltsames Demokratieverständnis offenbart. Wer Kindern und Jugendlichen, die eine lebenswerte Zukunft einfordern, mangelndes Verständnis globaler und ökonomischer Zusammenhänge vorwirft, schließt sie damit vom gesellschaftlichen Diskurs aus und spricht ihnen das Recht auf Mitsprache ab. Klimaschutz ist aber nicht nur eine Sache für Profis. Klimaschutz geht alle an, ganz besonders Kinder und Jugendliche, denn es geht um ihre Zukunft.

Schulpflicht und freie Meinungsäußerung sind kein Gegensatz – Kinder lernen nicht nur in der oder für die Schule!
Soziales und politisches Engagement von Kindern und Jugendlichen ist nicht neu, es wurde nur wenig beachtet und anerkannt. Seitdem soviele junge Menschen jeden Freitag auf die Straße gehen, werden sie als politische Kraft wahrgenommen und ihre Stimmen und Forderungen von vielen Menschen gehört. Dass diese Proteste während der Schulzeit erfolgen, setzt zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen einen kontroversen Dialog in Gang, und das ist gut so. Kontroversen sind wichtig und die Abwägung der jeweiligen Güterist notwendig. Kinder und Jugendliche erleben Schule nicht immerals Ort, an dem sie auch über ihre Rechte aufgeklärt und an dem diese Rechte umgesetzt werden. Auch vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Debatten über die Durchsetzung der Schulpflicht zu sehen. Wir sollten uns fragen, welche Unterstützung Kinder und Jugendliche brauchen, um sich engagieren zu können, und welche Unterstützung Schulen und Lehrer*innen benötigen, damit sie die Beteiligungsrechte im Alltag umsetzen können. Denn Kinder und Jugendliche brauchen vielfältige, konkrete und aufrichtig gemeinte Beteiligung und Mitgestaltung in allen Belangen, die sie und ihre Zukunft betreffen.

Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen sind zentral für Generationengerechtigkeit – Mitsprache endlich ermöglichen – Wahlalter senken!
Fridays for Future zeigtuns, dass es jungen Menschen um Generationengerechtigkeit, Verantwortung und die Chance auf ein lebenswertes Leben geht. Viele Kinder und Jugendliche sind interessiert, kritisch und engagiert. Sie stellen Fragen und machen sich Gedanken über Herausforderungen, die auf die Gesellschaft zukommen.
Der Generationenvertrag, auf dem unsere Gesellschaft beruht, sieht keine wirkliche und strukturelle Berücksichtigung der Anliegen junger Menschen vor. Die staatliche Gemeinschaft, die politischen Parteien, aber auch andere gesellschaftliche Bereiche wie die Forschung haben hier erheblichen Nachholbedarf. Das gilt auch beim Wahlrecht. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht existiert keine Verknüpfung zwischen Wahlrecht, Volljährigkeit und straf-/zivilrechtlicher Mündigkeit bzw. Geschäftsfähigkeit. Religionsmündigkeit (§5 RelKErzG) und Strafmündigkeit (§19 StGB/§3 JGG) beginnen bereits mit 14 Jahren, die rechtmäßige Fähigkeit, ein Testament zu verfassen, wird mit 16 Jahren zugestanden (§2229 BGB), und ab dem ersten Lebensjahr gilt das Demonstrationsrecht ohne Einschränkungen und ohne spezielle gesetzliche Reglungen. Unterschiedliche Altersgrenzen finden wir auch in den Regelungen zum Kinder-und Jugendschutz. Aber auch der Beginn einer Berufsausbildung oder der Antritt eines Studiums sind von frühzeitigen Entscheidungen und früher Verantwortungsübernahme durch Jungen und Mädchen geprägt. Sie müssen sich mit großer Voraussicht für einen beruflichen Lebensweg entscheiden, wobei sie hier nicht nur gemäß ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Neigungen kompetente Entscheidungen für ihr weiteres Leben treffen müssen, nein, damit verbunden ist meist die Wahl eines eventuell neuen Wohnsitzes bzw. die völlige Verselbständigung im Alltag. Überhaupt dienen die meisten Altersgrenzen dem Schutz der Kinder und Jugendlichen. Hier jedoch geht es um die Chance, Einfluss zu nehmen. Der Kinderschutzbund setzt sich für das aktive Wahlrecht ab 14 ein.

Schutz der Kinder und Jugendlichen bei Gewalt heißt auch Beteiligungsrechte in Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren konsequent zu gewährleisten!
Die strukturelle Ignoranz gegenüber den Rechten von Kindern und Jugendlichen zeigt sich wie unter der Lupe an den erschütternden Fällen sexualisierter Gewalt gegenüber Kindernwie in Staufen oder Lügde. Das Recht des Kindes auf Beteiligung in Verwaltungsverfahren,in staatsanwaltlichen Ermittlungen sowie in Gerichtsverfahrenwird eben nicht selbstverständlich umgesetzt. Aber auch die psychosoziale/therapeutische Versorgung der Kinder und Jugendlichen nach einem solchen Erleben sollte im Fokus der Verfahren stehen, weil neben der Strafverfolgung die Gesellschaft für die Verarbeitung der Ereignisse Verantwortung trägt. Beteiligungsrechte der Kinder und adäquate Versorgungsstrukturen bei erlebter Gewalt gewährleisten dann eine kindgerechte Justiz. Unserer Verantwortung als Erwachsene werden wir nur gerecht, wenn die Defizite unseres Handelns aufgearbeitet und überwunden werden. Zur Verantwortung von Richter*innen gegenüber der jungen Generation gehören daher auch verpflichtende Fortbildungenin diesem sensiblen Bereich. Denn Kinder brauchen zur Verwirklichung ihrer Grundrechte Verfahren, die ihr Wohl (Artikel 3 UN-KRK) voranstellen und ihren (kindlichen) Willen (Artikel 12 UN-KRK) berücksichtigen. Auf Beteiligungsrechte und Kindeswohlvorrang kommt es an! Damit Kinder und Jugendliche ihre Zukunft erfolgreich mitgestalten und ihr Recht auf Mitsprache in unserer Gesellschaft wahrnehmen können,ist eines von größter Bedeutung: die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Für die konkrete Formulierung des Gesetzestextes für eine Verfassungsänderung fordert das Aktionsbündnis Kinderrechte: 1. Schutzrechte, 2. Förderrechte, 3. Beteiligungsrechte und 4. Vorrang des Kindeswohls. Diese vier Punkte sind nicht verhandelbar und müssen sich im Grundgesetz wiederfinden. Bereits am 1. April 2008 hat das Bundesverfassungsgericht das Grundgesetz völkerrechtsfreundlich ausgelegt und verschafft somit der UN-Kinderrechtskonvention die entsprechende Geltung. Wenn am Ende ein Gesetzesentwurf beschlossen wird, in dem die Beteiligungsrechte sowie der Vorrang des Kindeswohls fehlen, würde sich die Rechtslage in Deutschland verschlechtern. Kompromisse, die die Beteiligungsrechte und den Kindeswohlvorrang nicht enthalten, werden wir nicht eingehen! Wir brauchen echte Kinderrechte im Grundgesetz, die auch wirksam sind.

Berlin, Mai 2019

Unsere Ideenwerkstatt wird moderiert von der Kinderbeauftragten der LHD Dresden Frau Anke Lietzmann. Das Kinder- und Jugendbüro sowie der Chef der Jugendhilfeplanung Herr. Dr. Peter Kühn haben Ihr Kommen bereits zugesagt.